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18. Januar 2010 - Beaglekanal

Großes Abenteuer, lang erwartet - heute geht es los! Wir sind eine aus mehreren Nationen bunt zusammengewürfelte Mannschaft, fünf Länder sind vertreten: Andrej, ursprünglich aus Polen, heute in Italien lebend; Anna und Brendan aus den Vereinigten Staaten; Frédérique aus Frankreich; Harald, Rolf und Yvonne aus Deutschland; und natürlich der Schipper Henk aus Holland.

Die Crew der Sarah W. Vorwerk

Die Crew der Sarah W. Vorwerk

Bevor wir ablegen, müssen wir erst ausklarieren. Wie schon bei meinem letzten Segeltörn in den feuerländischen Gewässern, dauert auch diesmal das Ausklarieren bei den argentinischen Behörden ewig. Formulare müssen ausgefüllt, Unterschriften geleistet und natürlich die Ähnlichkeit des Paßfotos mit dem Paßinhaber ausführlich überprüft werden. Aber schließlich ist es soweit, wir haben die Hürde überwunden und es geht - endlich - los.

Für heute haben wir ein bescheidenes Ziel, Punta Remolino, nur 15 sm in der Luftlinie entfernt. Puerto Williams, wie alle anderen Ziele auf chilenischer Seite, sind in diesem Jahr nicht möglich, die chilenischen Behörden bereiten Schwierigkeiten. Wir lassen die nach den Kindern des ersten anglikanischen Missionars in Feuerland, Thomas Bridges, benannten Inseln Bertha und Willie an Steuerbord liegen und steuern die Inselgruppe um das Feuer Les Éclaireurs an, passieren dabei die Stelle, an der - schon im Jahre 1930 - das Kreuzfahrtschiff der Hamburg Südamerikanischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft Monte Cervantes auf einen Unterwasserfelsen lief und schließlich total verlorenging.

In der Abendsonne erreichen wir die kleine Bucht bei Punta Remolino und ankern unmittelbar neben dem Wrack des am 1. April 1912 auf den kanalwärts befindlichen Lawrence-Stone gelaufenen und dann hier auf Grund gesetzten Dampfers Sarmiento. In der kleinen Bucht stehen ein paar Hütten der Argentinischen Marine. Ursprünglich war diese Estancia im Besitz von John Lawrence, anglikanischer Missionar und Nachfolger von Thomas Bridges in der Mission Ushuaia.

Tagesstrecke: 17 sm

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19. Januar 2010 - Beaglekanal

Nach dem Frühstück geht der Anker auf. In das Groß haben wir wegen der unstetigen Winde zwei Reffs gebunden. Der Wind schwankt zwischen 4 und 40 Knoten oder 2 und 8 Windstärken. Wir segeln südlich von Isla Gable und Isla Martillo entlang der Küste von Navarino. Von weitem ist das Seezeichen von Punta Haberton zu sehen. Isla Snipe lassen wir an Steuerbord. Hinter Isla Snipe ist das Wrack der Logos zu sehen, dem jüngsten Opfer (4. Januar 1988) der vielen Unterwasserfelsen im Beagle Kanal. Weiter geht es an der Küste von Isla Picton entlang. Aus der Ferne grüßt der Leuchtturm von Isla Gardiner. 2006 lagen wir dort vor Anker und haben wunderbare Königskrabben gegessen. Wir lassen Isla Picton achteraus, an Steuerbord erscheint Isla Nueva. An der NE-Spitze angekommen, schwenken wir nach Süden auf unseren Generalkurs von 160°, den wir für die nächsten fast vier Tagen mit kleinen östlichen und westlichen Abweichungen steuern werden.

Um zehn gehe ich in die Koje. Der Wind nimmt zu, die Krängung nach Backbord auch. Das ist in meiner Backbordkoje angenehm. Es meilt ordentlich. Plötzlich ist der Wind weg, das Schiff fängt unangenehm zu rollen an. Nur mit Hilfe des Leesegels kann ich mich in meiner Koje halten.

Distanz bis 12:00 Uhr Mittag: 12 sm (Gesamt: 29 sm)

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20. - 22 Januar 2010 - Drakepassage

Am nächsten Morgen geht um halb acht der Motor an. Immer noch - oder schon wieder - flaue Winde. Das ist also die gefürchtete Drakepassage!? Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt erst 15 sm südlich der Breite von Kap Hoorn. Aber stetig, mit Motor und Segel, fressen wir die Meilen der Drakepassage. In der Nacht zum 21. Januar fängt es an zu blasen. Wie Henk am Morgen erzählt, gab es Böen von 60 bis 80 Knoten. Und ich habe das verschlafen! Als ich dann endlich am Morgen an Deck bin, erreicht der Wind in den Böen „nur“ noch Geschwindigkeiten bis 60 Knoten - 11 Windstärken. Trotzdem ist die bewegte See großartig. Durch die Wellentäler und über die sich brechenden Kämme gleiten die Albatrosse, ohne jeden Flügelschlag. Ständig fürchtet man, sie würden von der Gischt getroffen oder tauchten aus den Wellentälern nicht mehr auf, eine überflüssige Sorge, sie sind hier in ihrem Element.

Nicht alle kommen mit dem Seegang gut zurecht, darauf nimmt die Bordverpflegung Rücksicht. Aber mir fehlt das handfeste Essen.

Am Abend des 21. sinkt die Wassertemperatur auf 2,9 °C, am Morgen des 22. sind es dann nur noch 2,3° C. Die Konvergenzzone, der Bereich in dem die warmen nördlichen Wassermassen auf die kalten antarktischen treffen, ist erreicht. Es wird neblig, jeder Atemzug eine Dampffahne. Die Sonne ist nur manchmal schwach durch den Nebel zu erahnen.

Um 4:00 Uhr nachmittags beginnen die regulären Eiswachen. Jede Kammer muß zwei Stunden an Deck nach Eisbergen oder auch nur Eisschollen Ausschau halten. Ich bin abends um zehn Uhr an der Reihe. Überraschenderweise wird mir während der zwei Stunden nicht kalt. Aber ich habe auch alles was nur möglich ist angezogen: Unterhemd, T-Shirt, Polartec-Unterwäsche, Schafwollpullover, eine Jacke 100er-Polartec, eine Jacke 300er-Polartec und die Öljacke. Nur die Füße frieren in den Stiefeln trotz zweier Paar dicker Socken etwas. Um Mitternacht, zur Wachablösung, sind am hellen Sommerhorizont im Süden schon die Gipfel von Livingston Island zu erahnen. Ich bleibe noch ein wenig an Deck, um die helle, fast weiße antarktische Nacht zu genießen.

Etmal (20. 1.): 134 sm (Gesamt: 163 sm)
Etmal (21. 1.): 152 sm (Gesamt: 315 sm)
Etmal (22. 1.): 148 sm (Gesamt: 463 sm)

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