1. Tag: 5. März 2006
Am 4. März nach insgesamt 31 Stunden Reisezeit (von Haustür zu Haustür) und einem Schneechaos auf dem Frankfurter Flughafen im spätsommerlich erscheinenden Ushuaia angekommen, begann der heutige Tag mit wolkenverhangenem Himmel und Regen, eine düstere Atmosphäre, so wie man sich das Ende der Welt vorher vorgestellt aber nicht unbedingt erhofft hatte. Dieser Tag war noch der Akklimatisierung vorbehalten. Zunächst Besuch im Gefängnis von Ushuaia. Dort wird sowohl die Geschichte Ushuaias als ursprüngliche Sträflingskolonie dargestellt als auch die Seefahrt in und um Feuerland seit den Entdeckungszeiten des 16. Jahrhunderts wiedergegeben. Insbesondere letztere für mich natürlich sehr interessant, die Berichte über die vielen Schiffbrüche in der Region um Kap Hoorn und die schwierigen meteorologischen Bedingungen für den geplanten Törn aber nicht unbedingt aufbauend. Nach dem Verlassen des Museums strahlte der Himmel schon wieder im schönsten Blau. Es ging noch einmal zum Flughafen, um mein am vergangenen Tag verschollenes Gepäck abzuholen. Dort ganz zufällig die Mitsegler für die nächsten zwei Wochen Anja, Klaus und Ralf getroffen. Später am Hafen den havarierten Volvo-Ocean-Racer Moviestar gesehen (er war zwei Tage vorher während des Rennens wegen der undichten Kielmechanik fast gesunken und zur Reparatur nach Ushuaia gekommen) und das Anlegemanöver der Dreimastbark Europa beobachtet (auch auf diesem Schiff kann man zu einem Törn in die Antarktis anheuern).
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2. Tag: 6. März 2006
Heute soll es endlich losgehen! Punkt 12:00 Uhr Mittag am Club Nautico ist Treffpunkt. Dann geht es sehr schnell und formlos. Henk kommt mit dem Schlauchboot, das Gepäck wird hineingeworfen und im zweiten Durchgang der Rest der Mannschaft an Bord gebracht. Dort ist auch bis zum Ablegen noch die eineinhalbjährigen Tochter von Henk. Letztere ist schon dreimal um Kap Hoorn gesegelt, na, da werde ich das doch auch schaffen. Heute liegt jedoch nur eine kurze Etappe vor uns, durch den Beagle-Kanal nach Puerto Williams.
Es geht zunächst unter Motor los. Wir kommen zu der Felsengruppe um das Leuchtfeuer Faro Les Eclaireurs. Hier ist 1930 das deutsche Kreuzfahrtschiff Monte Cervantes auf einen Felsen gelaufen und gesunken. Wir schauen uns die Seelöwenkolonie auf einem der Felsen an. Es frischt endlich etwas auf, nur unter Genua laufen wir vor dem Wind 6 Knoten. Der Wind sehr unterschiedlich in der Stärke, genauso wechselhaft die Sicht, mal ist es dunkel, dann wieder liegen die Berge in strahlendem Sonnenschein vor uns. Am Ausgang des Beagle-Kanal ist ein doppelter Regenbogen zu sehen.
Auf dem Beagle-Kanal herrscht reger Verkehr von argentinischen und chilenischen Kriegsschiffen. Irgendwie erinnert das an die Bewachung der Seegrenze der ehemaligen DDR. Die gegenseitigen Rivalitäten um die insgesamt sehr karge und fast unbesiedelte Landschaft sind offensichtlich auch durch den 1985 auf Vermittlung des Vatikans geschlossenen Grenzvertrag nicht beendet. Kurz vor der Isla Gable laufen wir das auf der südlichen Kanalseite gelegene Puerto Williams an, ein chilenischen Militärstützpunkt mit angeschlossenem Dorf. Puerto Williams ist nach Juan Williams Rebolledo benannt, der sich als Namensgeber für den Ort durch seine Verdienste um die Absicherung der chilenischen Territorialansprüche am südlichen Ende Amerikas im vorvergangenen Jahrhundert qualifiziert hatte. In Puerto Williams liegen wir neben der „Pelagic Australis“ an dem dort auf Grund gesetzten ehemaligen Rheindampfer „Micalvi“ im „Yachthafen“. Um 20:00 Uhr kommen drei chilenische Grenzer an Bord unseres kleinen Schiffes zum Einklarieren in Chile. Auch das wirkt irgendwie befremdend.
Position: 54° 56,1’ S 67° 37,1’ WEtmal: 28 sm